1.Zur Zulässigkeit der Aufrechnung von Unterhaltsforderungen verschiedener Personen.
2. Die Aufrechnung des Schuldners von Trennungsunterhalt mit angeblich überzahltem Kindesunterhalt gegen den Trennungsunterhalt scheitert an der
fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen, wenn die Gläubiger des Trennungs- und des Kindesunterhalts nicht personenidentisch sind.
3. Fehlende Personenidentität ist dann gegeben, wenn die Zahlung des Kindesunterhalts nicht an die Gläubigerin des Anspruchs auf Trennungs-unterhalt persönlich, sondern nur zu Ihren Händen als gesetzliche Vertreterin erfolgte.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2019 – II-3 UF 197/18
I. Der Fall
Bei den Beteiligten handelt es sich um getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner Trennungsunterhalt. Die gemeinsamen minderjährigen Kinder haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragstellerin. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer behauptet eine Überzahlung von Kindesunterhalt zu Händen der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin. Er will mit überzahltem Kindesunterhalt gegen den Trennungsunterhaltsanspruch aufrechnen.
II. Die Entscheidung
Das OLG Düsseldorf hält die Beschwerde für unbegründet und führt diesbezüglich aus:
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei die Aufrechnung mit angeblich überzahltem Kindesunterhalt gegen den hier streitgegenständlichen Trennungsunterhalt schon aus Rechtsgründen nicht möglich.
Es fehle bereits an der für die Aufrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen, weil die Gläubiger des Trennungs- und Kindesunterhalts nicht personenidentisch sein. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners mache es einen Unterschied, dass die Zahlung des Kindesunterhalts nicht andie Antragstellerin persönlich, sondern nur zu ihren Händen als gesetzliche Vertreterin erfolgte.
Darüber hinaus stehe dem vom Amtsgericht zutreffend angenommenen Aufrechnungsverbot des § 394 BGB nicht entgegen, dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Trennungsunterhalt zwischenzeitlich um Unterhaltsrückstände handele. Dagegen spreche, dass der Unterhaltsgläubiger Schutz und Privileg des Aufrechnungsverbots nicht dadurch verlieren könne, dass der Schuldner in Verzug gerate und deshalb größere Rückstände auflaufen würden. Eine Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen aus Unterhaltsüberzahlungen komme auch nicht vor dem Hintergrund in Betracht, dass in der gerichtlichen Praxis häufig Ansprüche auf Rückzahlung pauschal mit Restforderungen auf Unterhalt verrechnet würden. Eine solche Saldierung scheitere hier schon daran, dass die betroffenen Ansprüche nicht den gleichen Streitgegenstand betreffen.
Entscheidungen
Eine Berufung auf das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB wäre der Antragstellerin (unter Außerachtlassung der fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen) allenfalls dann verwehrt, wenn dem der sog. Arglisteinwand entgegenstünde. Dies setze allerdings voraus, dass dem Unterhaltspflichtigen eine Gegenforderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Unterhaltsberechtigten nach §§ 823 Abs. 2,826 BGB zustehe, die dieser im Rahmen des Unterhaltsverhältnisses begangen habe. Hierfür bestünden nach dem wechselseitigen Vortrag der Beteiligten keine Anhaltspunkte. Nach Auswertung des vom Antragsgegner vorgelegten Forderungskontos und der Kontounterlagen der Antragstellerin ergebe sich, dass sich die Beteiligten über Zahlungen und deren Verwendung für den Zeitraum ab 5/2016 einig seien. Die Differenzen ergäben sich dadurch, dass die Übersicht des Antragsgegners erst mit dem 1.10.2015 beginne, also dem Zeitpunkt, zu dem er sich durch Jugendamtsurkunden zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet hat, während die Antragstellerin in ihre Aufstellung bereits den Zeitraum ab dem 1.5.2015 einbezogen habe, zu dem
materiellrechtlich bereits Kindesunterhalt geschuldet worden sei.
[Ausführungen zu den behaupteten Zahlungen bzw. Zahlungseingängen]
Der Vortrag des Antragsgegners und Beschwerdeführers rechtfertige jedoch den Vorwurf des betrügerischen Handelns nicht. Im Übrigen könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsgegner den Pfändungen der Kinder entgegen seiner offenbar vertretenen Ansicht nicht schutzlos ausgeliefert gewesen sei, sondern im Falle der von ihm vorgetragenen vorherigen Erfüllung der Unterhaltsforderung die hierfür vorgesehenen vollstreckungs-rechtlichen Rechtsbehelfe hätte einlegen können.