Die obligatorische Angabe von “Herr” oder “Frau” verletzt eine Person mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Eine geschlechtsneutrale Anrede muss zur Wahl stehen. Im vorliegenden Fall musste die Person bei der Buchung einer Fahrkarte über den Internetauftritt einer Vertriebsfirma die Anrede “Herr” oder “Frau” wählen. Eine geschlechtsneutrale Anrede ist nicht verfügbar und die Auswahl kann auch nicht offen gelassen werden. Auch die Registrierung als Kunde erfordert die Festlegung als “Herr” oder “Frau”. Zuschriften der beklagten Firma enthielten ebenfalls eine dieser beiden Anredeformen. Dadurch ist die klagende Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dieses Recht schützt auch die geschlechtliche Identität.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt das unabhängig davon, ob die Person dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden kann oder nicht. Um die Dienstleistungen des beklagten Unternehmens zu nutzen, ist das Geschlecht des Kunden völlig irrelevant. Die Beklagte kann daher eine andere Grußformel schaffen, etwa “Guten Tag”, oder auf eine geschlechtsspezifische Anrede gänzlich verzichten. Eine Entschädigung in Geld erhält die klagende Person nicht, weil das Verschulden der Firma gering ist. Die Anrede als “Herr” ist nicht böswillig erfolgt.
Az 2-13 O 131/20 Urteil vom 03.12.2020