1. Zur Bestimmung des Bedarfs eines minderjährigen Kindes nach der Düsseldorfer Tabelle vor Erweiterung der Einkommensstufen bis zu einem Einkommen i.H.v. 11.000 EUR.
2. Der Unterhaltsbetrag des Kindes bemisst sich auch dann nach den Prozentsätzen der Einkommensgruppe Nr. 11 bis 15 der Düsseldorfer Tab. 2022, wenn das bedarfsbestimmende Einkommen für die Zeiträume bis 2021 den Höchstbetrag der bis dahin einschlägigen höchsten Einkommensgruppe Nr. 10 der Düsseldorfer Tabelle überschreitet.
3. Wird im Zusammenhang mit einem Scheidungsverbundverfahren in Bezug auf den Unterhalt eines minderjährigen Kindes auf der Grundlage eines Stufenantrag zunächst Auskunft zu den unterhaltsrelevanten Einkünften geltend gemacht, so tritt hierdurch sofort Verzug ein, wenn dieses Begehren keine zeitliche Beschränkung enthält.
4. Dass im Verbundverfahren der Kindesunterhalt erst ab Eintritt der Rechtskraft der Verbundentscheidung verlangt werden kann, steht der materiellrechtlichen Wirkung des Verzugs nicht entgegen, da insoweit lediglich eine verfahrensrechtliche Schranke hinsichtlich des rückständigen Unterhalts vorliegt.
5. Die durch eine Stufenmahnung ausgelöste Verzugswirkung wird für rückständige Unterhaltsbeträge auf die Höhe eines zeitlich später beziffert gestellten Antrags begrenzt.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.2022 – II-1 UF 78/22
I. Der Fall
Die Beteiligten haben in 05/2007 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist das in 2009 geborene Kind A. hervorgegangen. Seit 08/2011 leben die Beteiligten getrennt. A. wird seither von der Antragstellerin betreut und versorgt. Im Scheidungsverbundverfahren (Az. 278 F 35/18, Amtsgericht Düsseldorf) hat die Antragstellerin den Antragsgegner mit Stufenantrag vom 7.5.2013 im Rahmen einer Scheidungsfolgesache auf Kindesunterhalt für A. in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat in der Ehesache mit Verbundbeschluss vom 26.7.2022 die Scheidung der Ehe der Beteiligten ausgesprochen.
Nachdem die Antragstellerin im hiesigen selbstständigen Unterhaltsverfahren mit Antragsschrift vom 5.2.2020 zunächst Kindesunterhalt für A. für die Zeit ab dem 1.2.2020 bis zur Rechtskraft der Scheidung in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts ohne Kindergeldabzug und für die Zeit vom 1.5.2013 bis zum 31.1.2020 in Höhe rückständiger insgesamt 16.962 EUR gefordert hatte, machte sie sodann für den Jungen mit Antragserweiterung vom 29.9.2021 Kindesunterhalt für die Zeit ab dem 1.11.2021 bis zur Rechtskraft der Scheidung in Höhe von 200 % des Mindestunterhalts und für die Zeit vom 1.5.2013 bis zum 31.10.2021 in Höhe rückständiger insgesamt 32.364,20 EUR geltend.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für A. für die Zeit vom 1.5.2013 bis zum 31.10.2021 in Höhe rückständiger insgesamt 28.320,92 EUR nebst Zinsen und für die Zeit ab dem 1.11.2021 bis zur Rechtskraft der Scheidung in Höhe von 184 % des Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes zu zahlen.
[Darstellung der Zahlbeträge unter Angabe der Prozente des Mindestunterhalts für den Rückstandszeitraum]
II. Die Entscheidung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält die zulässige Beschwerde für teilweise begründet. Es führt folgendes aus:
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner gemäß §§ 1601, 1629 Abs. 3 BGB in der aus der Beschlussformel ersichtlichen Höhe einen Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt für das gemeinsame Kind der Beteiligten A. nebst gemäß §§ 288, 286 BGB geschuldeter Zinsen für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 1.5.2013 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung, die aufgrund der im Scheidungsverbundverfahren am 24.10.2022 erfolgten Zustellung der Beschwerdebegründung gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 FamFG am 25.11.2022 eingetreten ist, mithin bis zum Ablauf des 24.11.2022.
1. Zu Recht begehrt die Antragstellerin rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit ab Mai 2013.
a) Der Antragsgegner hat sich aufgrund des im Scheidungsverbundverfahren übermittelten Stufenantrags auf Kindesunterhalt vom 7.5.2013 ab Mai 2013 gemäß § 1613 Abs. 1 BGB in Verzug befunden. Die diesbezügliche Bevollmächtigung des damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin unterliegt keinem Zweifel, da sich die für die Ehescheidung erteilte Vollmacht vom 21.6.2012 ausdrücklich auch auf alle Folgeverfahren bezieht. Es handelt sich um eine verzugsbegründende Stufenmahnung. Die fehlende ausdrückliche zeitliche Konkretisierung des Leistungsantrags ist unschädlich, weil einem Folgesachenbegehren immanent ist, dass sich der Antrag auf den Eintritt der Rechtskraft der Scheidung bezieht. Da dieser naturgemäß nicht absehbar ist und es je nach Verfahrensverlauf – etwa im Fall eines Scheidungsfolgenvergleichs – auch sehr kurzfristig zur rechtskräftigen Scheidung kommen kann, musste dem Antragsgegner aufgrund des Antrags vom 7.5.2013 jedenfalls ab Mai 2013 seine Kindesunterhaltsverpflichtung gegenüber A. klar vor Augen stehen.
Der Stufenantrag vom 7.5.2013 hat den Antragsgegner auch im Hinblick auf den auf die Zeit vor Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung entfallenden Teil des Kindesunterhaltsanspruchs in Verzug gesetzt im Sinne des § 1613 Abs. 1 BGB. Das im Schriftsatz vom 7.5.2013 formulierte Begehren ist – zunächst – allgemein auf Auskunftserteilung gerichtet und enthält keine Beschränkung des Zahlungsanspruchs in zeitlicher Hinsicht. Dass der Kindesunterhalt als Folgesache im Scheidungsverbund nur für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung geltend gemacht werden kann, stellt eine verfahrensrechtliche Schranke dar, hat aber keine Auswirkung auf den Inhalt des tatsächlich erhobenen Begehrens und damit auch nicht auf die materiellrechtlichen Wirkungen gemäß § 1613 Abs. 1 BGB. Das erst erheblich später erfolgte Bestreiten einer Vollmacht des damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zur Geltendmachung von Unterhalt für die Zeit bis zur Rechtkraft der Ehescheidung ist nach Maßgabe des § 174 Abs. 1 Satz 1 BGB mangels unverzüglicher Zurückweisung durch den Antragsgegner materiellrechtlich unbeachtlich.
b) Die Rückstandsforderung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der illoyal verspäteten Geltendmachung gemäß § 242 BGB verwirkt. Der Kindesunterhaltsanspruch war jedenfalls seit dem Stufenantrag vom 7.5.2013 fortwährend Gegenstand der Auseinandersetzung der Beteiligten über die Trennungs- und Scheidungsfolgen. Besondere Umstände, die – abgesehen vom reinen Zeitablauf – das Vertrauen des Antragsgegners rechtfertigten, die Antragstellerin werde den Anspruch nicht mehr geltend machen, sind nicht ersichtlich. Ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung reicht hierfür nicht aus (BGH, FamRZ 2018, 589, nRn 14 f.). Damit fehlt es an dem für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment.
2. Das gemäß § 1610 Abs. 1 BGB bedarfsbestimmende Einkommen des Antragsgegners beläuft sich auf folgende Beträge:
[Darstellung des bedarfsbestimmenden Einkommens des Antragsgegners für den Zeitraum 2013 bis 2021]
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
a) Ausgangspunkt der Einkommensermittlung sind die aus den Steuerbescheiden ersichtlichen Gewinneinkünfte des Antragsgegners. Insoweit wird insbesondere auf die im Scheidungsverbundverfahren mit Schreiben des Finanzamts D.-Stadt vom 4.1.2019, mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 2.11.2021 und mit der Beschwerdebegründung des Antragsgegners vom 17.10.2022 übermittelten Steuerbescheide sowie auf den Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 29.9.2021 Bezug genommen.
Für 2014 ist mangels Vorlage eines Steuerbescheids das im angrenzenden Dreijahreszeitraum 2013, 2015 und 2016 erzielte Einkommen zugrunde zu legen. Dieser Referenzzeitraum ermöglicht insbesondere im Hinblick auf den nach 2012 zu verzeichnenden Gewinnanstieg eine adäquate Einkommensfeststellung.
Für die Zeit ab 2021 ist die Höhe der Gewinneinkünfte angesichts des aktuellsten Steuerbescheids für 2020 zu prognostizieren, und zwar auf der Grundlage des Durchschnitts der im aktuell zurückliegenden belegten Dreijahreszeitraum 2018 bis 2020 erzielten Einkünfte. Aufgrund der solchermaßen ausgewerteten Einkommensnachweise ist unerheblich, dass der Antragsgegner abweichende Beträge zugrunde legt. Maßgeblich ist nicht, was der Antragsgegner als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen einschätzt, sondern – zumindest – das steuerliche Gewinneinkommen, zumal dieses das Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn typischerweise unterschreitet, weil viele steuerliche Abzugsmöglichkeiten unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind. Jedenfalls besteht keine Grundlage für die Zurechnung eines die steuerlichen Ansätze unterschreitenden Einkommens des Antragsgegners.
Eine – wie auch immer bemessene – Kürzung der Gewinneinkünfte ist auch unter dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit nicht gerechtfertigt. Allein der zeitliche Umfang der Tätigkeit rechtfertigt bei freiberuflich Tätigen nicht den Schluss auf eine über das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß hinausgehende Tätigkeit. Denn Freiberufler sind in aller Regel nicht lediglich im Umfang tariflicher Arbeitszeiten, sondern deutlich umfangreicher erwerbstätig, so dass – insbesondere auch bezogen auf die hochqualifizierte Tätigkeit als Patentanwalt – schon nicht von einer das übliche Maß deutlich überschreitenden zeitlichen Inanspruchnahme ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass Freiberufler im Hinblick auf ihre im Vergleich zu abhängig Beschäftigten größere Dispositionsfreiheit bezüglich der Lage ihrer Arbeitszeit von einem größeren Arbeitsvolumen nicht so sehr in ihren Interessen beeinträchtigt werden wie abhängig Beschäftigte, so dass die zeitliche Inanspruchnahme des Antragsgegners für sich genommen nicht in dem Sinne als überobligationsmäßig gewertet werden kann, dass eine Herabsetzung des Einkommens des Antragsgegners und damit eine Schmälerung des Kindesunterhalts sachgerecht und angemessen wäre.
b) Die Steuerlast aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ergibt sich ebenso wie die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung aus den in Bezug genommenen Steuerbescheiden. Für 2014 ist mangels Vorlage eines Steuerbescheids in Fortschreibung der Einkommensermittlung auch insoweit die durchschnittliche Steuerlast im angrenzenden Dreijahreszeitraum 2013, 2015 und 2016 in Ansatz zu bringen. Die Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsprämien ist für 2014 mit dem Durchschnitt der Jahre 2013 und 2015 veranschlagt worden, was einem erwartbaren Beitragsanstieg angemessen Rechnung trägt. Die Steuerlast ab 2021 ist auf der Grundlage der im aktuell zurückliegenden belegten Dreijahreszeitraum 2018 bis 2020 festgesetzten Einkommensteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag zu prognostizieren. Für die Zeit ab 2021 sind die Kranken- und Pflegeversicherungsprämien in Höhe der für 2020 belegten Aufwendungen prognostisch fortzuschreiben.
c) Ebenso sind die Aufwendungen für die Altersvorsorge den Steuerbescheiden zu entnehmen, für 2014 mangels Vorlage eines Steuerbescheids wiederum nach den durchschnittlichen Zahlungen im angrenzenden Dreijahreszeitraum 2013, 2015 und 2016. Für die Zeit ab 2021 sind die für 2020 belegten Aufwendungen prognostisch fortzuschreiben. In Ansatz zu bringen sind die Aufwendungen in voller Höhe, nicht lediglich im steuerlich anzuerkennenden Umfang. Die Begrenzung der Aufwendungen auf 24 % des Bruttoeinkommens wirkt sich mangels Erreichens dieser Grenze im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht aus.
d) Darüber hinaus sind auch die vom Antragsgegner übernommenen Darlehenstilgungen abzusetzen, und zwar in voller Höhe der gemäß den Zins- und Tilgungsplänen vom 8.4.2010 mit der E.-Stadt Sparkasse vereinbarten Tilgungsleistungen, mithin für die Zeit bis zum 31.12.2016 in Höhe von vierteljährlich 5.641,66 EUR = p.a. 22.566,64 EUR und für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2019 in Höhe von vierteljährlich 5.000 EUR = p.a. 20.000 EUR. Für die nachfolgende Zeit macht der Antragsgegner ausweislich der der Beschwerdebegründung beigefügten Tabelle keine Tilgungsleistungen mehr geltend. Maßgeblich ist auch in Ansehung der vorzeitigen Tilgung der ursprüngliche Tilgungsplan. Denn die diesem Plan folgende Tilgung mit annähernd gleichbleibenden Tilgungsraten in einem Umfang, der in Relation zur Höhe der Einkünfte des Antragsgegners angemessen erscheint, wahrt hinreichend die Unterhaltsbedürfnisse des Kindes und vermeidet eine höhere Inanspruchnahme des Antragsgegners allein aufgrund der vorzeitigen Tilgung, zumal die Antragstellerin die Tilgungsleistungen in ihrer Unterhaltsberechnung selbst fortlaufend, wenn auch nicht in voller Höhe, abgesetzt hat.
Die Tilgungen sind nicht durch die für die Altersvorsorge geltende 24 %-Grenze limitiert, sondern trotz ihres vermögensbildenden Charakters voll abzugsfähig. Die Vermögensbildung geht nämlich nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, weil es ohne die Tilgung nicht die zu seinen Gunsten berücksichtigten Einkünfte des Antragsgegners aus der Anwaltskanzlei gäbe. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen auch beim Kindesunterhalt.
3. Anspruch der Antragstellerin auf Kindesunterhalt für das am 19.1.2009 geborene Kind A.:
[Konkrete Berechnung des Zahlbetrags für den streitgegenständlichen Zeitraum]
Dies beruht auf Folgendem:
a) Der Bedarf des Kindes bemisst sich auch insoweit nach den Einkommensgruppen Nr. 11 bis Nr. 15 der Düsseldorfer Tabelle 2022, soweit das bereinigte Einkommen des Antragsgegners für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis 2021 den Höchstbetrag gemäß der bis dahin einschlägigen höchsten Einkommensgruppe Nr. 10 der Düsseldorfer Tabelle überschreitet. Hiervon ist auch das Amtsgericht zutreffend ausgegangen.
Die rückwirkende Anwendung der mit der Düsseldorfer Tabelle 2022 eingeführten weiteren Einkommensgruppen ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bemessung des Kindesbedarfs bei hohen Elterneinkünften geboten. Danach darf der Kindesunterhalt bei einem den – bis 2021 maßgeblichen – höchsten Einkommensbetrag der Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Einkommen nicht auf den für die – bis 2021 einschlägige – höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geltenden Richtsatz festgeschrieben werden. Um eine solche Bedarfsbeschränkung zu vermeiden, kann Anlass für eine über die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Fortschreibung der Tabellenwerte bestehen, die keine konkrete Bedarfsermittlung verlangt. Auf dieser Grundlage erscheint eine solche Fortschreibung geboten, da auf diesem Weg die vom Bundesgerichtshof geforderte Bedarfsbemessung ohne konkrete Bedarfsermittlung auch bei hohen Elterneinkünften nach einem bewährten und anerkannten generalisierenden Maßstab gewährleistet ist. Dies gilt auch für zurückliegende Unterhaltszeiträume, da die Erwägungen des Bundesgerichtshofs nicht auf neuen, erst zur Zeit seiner zitierten Entscheidung virulenten Umständen beruht. Dies führt zu keinem Verstoß gegen die Grundsätze der Düsseldorfer Tabelle, lässt diese doch in den älteren Fassungen jenseits des ausgewiesenen Höchsteinkommens ausdrücklich eine Festlegung nach den Umständen des Einzelfalls zu und damit auch eine Fortschreibung im Sinne der BGH-Entscheidung. Hierfür ist auf die mit der Düsseldorfer Tabelle 2022 eingeführten weiteren Einkommensgruppen zurückzugreifen. Wenn damit eine klare Richtlinie für die Bedarfsbemessung besteht, spricht schon in Ermangelung tragfähiger anderweitiger Bemessungsmaßstäbe alles dafür, hierauf auch in denjenigen Fällen zurückzugreifen, die in zeitlicher Hinsicht nicht dem Anwendungsbereich dieser Tabelle unterfallen. Daher ist der Bedarf des Kindes auch insoweit nach Maßgabe der Einkommensgruppen Nr. 11 bis Nr. 15 der Düsseldorfer Tabelle 2022 zu bestimmen, als das unterhaltsrelevante Einkommen des Antragsgegners für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis 2021 über den Höchstbetrag gemäß der bis dahin einschlägigen höchsten Einkommensgruppe Nr. 10 der Düsseldorfer Tabelle hinausgeht.
b) Bei der hieran ausgerichteten Einordnung in die Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle ist für die Frage eines Zuschlags bzw. Abschlags wegen Abweichung vom Regelfall zweier Unterhaltsberechtigter von Folgendem auszugehen:
Für die Zeit bis Dezember 2017 sind neben der verfahrensgegenständlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind A. unstreitig auch Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern des Antragsgegners aus erster Ehe B. und C. zu berücksichtigen. Dies führt gemäß Anmerkung 1. Absatz 1 zur Düsseldorfer Tabelle wegen Abweichung vom Regelfall zweier Unterhaltsberechtigter zu einem Abschlag durch Einstufung in die nächstniedrigere Einkommensgruppe.
c) Der Tabellenbedarf ist gemäß § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB jeweils auf volle Euro-Beträge aufzurunden. Hiervon ist gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB das hälftige Kindergeld abzuziehen.
d) Der Unterhaltsanspruch ist gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Höhe des von der Antragstellerin bezifferten Anspruchs zu begrenzen. Der Unterhaltsberechtigte kann nämlich rückwirkend keinen höheren Unterhalt verlangen, wenn er den Anspruch bereits beziffert hat (BGH FamRZ 2013, 109, Rn 41 f.). Dies ist im Hinblick auf die von der Antragstellerin mit Antragsschrift vom 5.2.2020 vorgenommene Anspruchsbezifferung erheblich, die ihre anspruchsbegrenzende Wirkung erst mit Zugang der Antragserweiterung vom 29.9.2021 verloren hat.