Ein erwerbsunfähiges Kind ist verpflichtet, einen Antrag auf Grundsicherung zu stellen. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit führt zur Anrechnung fiktiver, bedarfsdeckender Einkünfte aus der Grundsicherung. Der Vater ist nicht verpflichtet, für seine Tochter Unterhalt zu zahlen. Sie hat einen Anspruch auf Sozialhilfe gemäß §§ 42 ff. SGB XII, da sie dauerhaft voll erwerbsunfähig ist.
Der Anspruch auf Sozialhilfe ist gegenüber dem Unterhaltsanspruch vorrangig; das Einkommen der Eltern bleibt bei einem Anspruch auf Sozialhilfe unberücksichtigt, solange dieses nicht über 100.000,- € jährlich liegt. Eine dauerhafte volle Erwerbsminderung ist gegeben, wenn zum einen auf nicht absehbare Zeit keine Tätigkeit von mindestens drei Stunden täglich ausgeübt werden kann und wenn die Behebung der vollen Erwerbsminderung unwahrscheinlich ist. Unter „auf nicht absehbare Zeit“ wird in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstanden. Für die prognostische Beurteilung der Dauerhaftigkeit ist ein Zeitrahmen von drei Jahren anzusetzen.
Az 4 UF 13/15, Beschluss vom 10.9.2015