I. Der Fall
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Antrag der minderjährigen Antragsteller gegen ihren Vater, den Antragsgegner, auf Zahlung von Mindestkindesunterhalt ab 09/2019 mangels Leistungsfähigkeit abgewiesen.
II. Die Entscheidung
[…]
In den Monaten 09 und 10/2020 ergebe sich aufgrund des zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlten Corona-Kinderbonus in Höhe von insgesamt 300 EUR (im September 200 EUR und im Oktober 100 EUR) eine Reduzierung des Bedarfs der Antragsteller. Denn der Corona-Kinderbonus sei hälftig auf den Kindesunterhaltsbarbedarf eines minderjährigen, bei einem Elternteil lebenden Kindes, anzurechnen. Soweit der Senat in seinem Beschl. v. 9.3.2021 noch die gegenteilige Ansicht vertreten habe, halte er an dieser nicht mehr fest, sondern schließe sich der Rechtsprechung des 13. Senats des Oberlandesgerichts Koblenz (MDR 2021, 569) an.
Gemäß § 1612b Abs. 1 BGB sei das Kindergeld auf den Barunterhaltsbedarf des Kindes zur Hälfte oder vollständig anzurechnen. Unter diese Regelung falle auch der sog. Corona-Kinderbonus. Denn in der Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum 2. Corona-Steuerhilfegesetz (BT-Drucks 19/20058) heiße es, dass „das Kindergeld einmalig um 300 EUR (Kinderbonus 2020) erhöht“ werde (S. 30). Zu Ziel und Umsetzung dieser Maßnahme werde ausgeführt: „Hierdurch wird gezielt und kurzfristig ein zusätzlicher gesamtwirtschaftlicher Nachfrageimpuls insbesondere durch Familien mit geringerem bis mittlerem Einkommen und mehreren Kindern zur Stärkung der Konjunktur geschaffen. […] sicherzustellen, dass der Kinderbonus – so wie auch das Kindergeld – im Rahmen von Kostenbeteiligungen bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe, nicht als Einkommen berücksichtigt wird. … Für die Einmalbeträge gelten ansonsten grundsätzlich alle Vorschriften, die auch für das – monatlich gezahlte – Kindergeld nach dem BKGG maßgebend sind.“ (S. 13). Auch der Kinderbonus 2021 werde im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum 3. Corona-Steuerhilfegesetz (BT-Drucks 19/26544, S. 10 f.) als eine „einmalige Erhöhung des Kindesgelds zur finanziellen Unterstützung von Eltern in der Corona-Krise im Hinblick auf die anhaltenden Belastungen von Familien mit Kindern aufgrund der Einschränkungen während der Corona-Pandemie“ bezeichnet. Hiermit beabsichtige der Gesetzgeber die Schaffung eines „zusätzliche[n] gesamtwirtschaftliche[n] Nachfrageimpuls[es] … zur Stärkung der Konjunktur“. Sowohl der Kinderbonus 2020 als auch jener für 2021 würden zudem gemäß § 66 Abs. 1 S. 4 EStG im Rahmen der bei der Einkommensteuerveranlagung durchzuführenden Vergleichsberechnung zum Familienlastenausgleich nach §§ 31, 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt. Da somit auch steuerrechtlich der halbe Kinderbonus dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugerechnet werde (BT-Drucks 19/20058, S. 25 und BT-Drucks 19/26544, S. 10), erscheine ebenfalls unterhaltsrechtlich eine Anrechnung des Kinderbonus nach § 1612b Abs. 1 BGB sachgerecht und zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung zwingend.
Diese Ansicht werde auch vom Bundesministerium für Familie in dessen Hintergrundmeldung vom 17.3.2021 vertreten (vgl. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/finanzielle-unterstuetzung/faq-kinderbonus).
Beschluss vom 27.05.2021 7 UF 689/20