Anmerkung zu OLG Koblenz, Beschl. v. 24.8.2020 – 13 UF 275/20
- Der Fall
Im Rahmen der vorgeschilderten Entscheidung des OLG Koblenz hatte das erstinstanzliche Gericht den Unterhaltsschuldner zur Zahlung von monatlich 938,14 EUR Trennungsunterhalt verpflichtet und darüber hinaus die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer legte gegen die Entscheidung der 1. Instanz das Rechtsmittel der Beschwerde ein (siehe oben) und beantragte im Zuge dessen die Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit und vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung.
- Die Entscheidung
Mit diesem Begehren drang der Antragsgegner jedoch nicht durch.
Ein nicht zu ersetzender Nachteil für den Antragsgegner sei nach Auffassung des Senats nicht erkennbar. Der Mindestbedarf des Unterhaltsverpflichteten sei nicht unterschritten. Die Gefahr, dass bereits gezahlter Unterhalt wegen Verbrauchs nicht mehr zurückgefordert werden könne, sei normale Folge der Zwangsvollstreckung.
Zweck der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit nach § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG sei, dass Unterhaltsbeschlüsse regelmäßig ohne Weiteres vollstreckbar seien, ohne dass der Verpflichtete die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden könne. Diese Wertung liefe leer, wenn der bestimmungsgemäße Verbrauch von Unterhalt als unersetzbarer Nachteil gesehen würde. Regelmäßige Folgen der Zwangsvollstreckung seien vom Schuldner hinzunehmen.
III. Der Praxistipp
Der „bestimmungsgemäße Verbrauch von Unterhalt als unersetzbarer Nachteil“ begegnet dem Praktiker regelmäßig in unterschiedlichen Konstellationen und führt ebenso regelmäßig zu dem – für den Unterhaltsschuldner unbefriedigenden – Ergebnis, dass die Unterhaltszahlung durch den Unterhaltsgläubiger – bestimmungsgemäß – verbraucht wird und damit nicht zurückgefordert werden kann.
Etwas anderes gilt nur, wenn für den Unterhaltsschuldner aufgrund der Zahlung ein nicht zu ersetzender Nachteil gegeben ist. Umstritten ist, ob ein nicht zu ersetzender Nachteil vorliegt, wenn der Schuldner die gepfändete Geldforderung nach einer Aufhebung oder Abänderung des Vollstreckungstitels wahrscheinlich nicht mehr zurückfordern kann, weil der Gläubiger mittellos ist. Nach der zu § 707 ZPO und § 719 ZPO ergangenen Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2007, 1138) wird dies wegen des klaren Wortlauts des § 719 Abs. 2 ZPO bejaht. Demgegenüber liegt nach Ansicht von Teilen der Rechtsprechung ein unersetzlicher Nachteil erst vor, wenn über das Risiko des unwiederbringlichen Verlusts einer nicht geschuldeten Geldsumme hinaus die Gefahr irreparabler Folgeschäden besteht, wie etwa der Verlust der Existenzgrundlage. Es empfiehlt sich bereits in erster Instanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG zu stellen (vgl. Haußleiter/Schramm „Rechtsschutz gegen Anordnung der sofortigen Wirksamkeit“ in FamRZ 2020, 1936).