BVerfG: Sorgerechtsentziehung bei Kindeswohlgefährdung

15. Dezember 2015

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Entziehung der elterlichen Sorge bekräftigt. Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen, müssen die Fachgerichte im Einzelfall feststellen, dass das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre.

Stützen sich die Gerichte dabei auf Feststellungen in einem Sachverständigengutachten, dessen Verwertbarkeit verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt, können diese auf die gerichtliche Entscheidung durchschlagen, wenn die Gerichte die Zweifel nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise beseitigen. Aus diesen Gründen hat die Kammer eine Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Es geht um einen aus Ghana stammenden Vater, der um das Sorgerecht für seine im Februar 2013 geborene Tochter kämpft. Die Mutter leidet unter gravierenden psychischen Erkrankungen, keines ihrer vier älteren Kinder lebt bei ihr. Die jüngste Tochter ist ebenfalls in einer Pflegefamilie untergebracht. Mit dem Vater finden begleitete Umgangskontakte statt. Das Amtsgericht entzog beiden Eltern das Sorgerecht, die Beschwerde wies das OLG zurück.
Az 1 BvR 1178/14, Beschluss vom 19.11.2014, BVerfG-Pressemitteilung