Rechtsprechung

24. Mai 2018

BGH: Anfechtung des Vollmachtswiderrufs, Geeignetheit des
Bevollmächtigten

Im Urteil vom 19.07 .2017 (XII ZB 141/16) befasste sich der BGH mit zwei wichtigen Fragen:
1. Kann ein Vollmachtswiderruf wegen Drohung angefochten werden, wenn ein
Kind behauptet, die Bevollmächtigten würden die Vollmacht missbrauchen und
die Vollmachtgeberin eher umbringen, als ihr Vermögen zurückzugeben? (nein)
2. Sind Bevollmächtigte geeignet, die sich von der Vollmachtgeberin ihr gesamtes
Vermögen übereignen lassen? (nein)

Die Vollmachtgeberin litt an einer fortgeschrittenen Demenz. Sie hatte ihrem Sohn und ihren
beiden Töchtern Vollmachten erteilt, bei denen jeweils zwei der Kinder handeln mussten. Die
Töchter ließen sich nahezu das gesamte Vermögen der Vollmachtgeberin übertragen, darunter
das selbsgenutzte Eigenheim der Vollmachtgeberin und andere Grundstücke. Dabei
unterschrieb die Vollmachtgeberin beim Notar selbst. Ob sie da noch geschäftsfähig war, ist
ungeklärt.
Die Vollmachtgeberin hat die Vollmachten ihrer Töchter widerrufen. Der Sohn hatte die
Vollmachtgeberin nachdrücklich angehalten, die Vollmachten zu widerrufen, weil mit einem
künftigen Missbrauch durch die Töchter zu rechnen sei. Diesen Widerruf hat die
Vollmachtgeberin später wegen Drohung angefochten. Ob die Vollmachtgeberin beim Widerruf
oder bei der Anfechtung noch geschäftsfähig war, wissen wir nicht.
Der Sohn wandte sich an das Betreuungsgericht und regte die Bestellung eines Betreuers an. Mit
diesem Anliegen erhielt er beim Amtsgericht und beim Landgericht eine Abfuhr. Der BGH half
dann weiter und verwies die Sache zurück.
Zunächst einmal haben die Töchter nach dem Sachstand gar keine Vollmachten. Diese sind
widerrufen worden, solange nicht feststeht, dass die Vollmachtgeberin beim Widerruf
geschäftsunfähig war. Die Anfechtung des Widerrufs ist zwar theoretisch möglich. Es lag aber
kein Anfechtungsgrund vor. Ein Anfechtungsgrund hätte nur vorgelegen, wenn der Sohn mit
einem Übel gedroht hätte, auf das er selbst Einfluss hatte. Auf das künftige Verhalten der
Töchter hatte er jedoch keinen Einfluss. Wenn es dabei bleibt, ist die Vollmacht unwirksam und
es muss ein Betreuer bestellt werden.
Falls die Vollmacht der Töchter Bestand hätte, müsste geklärt werden, ob es trotz der
Vollmachten eine Betreuung geben kann. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die
Bevollmächtigten ungeeignet sind. Und diese Frage sollte das Landgericht nach Ansicht des BGH
noch einmal gründlich überdenken.
Die Töchter hatten sich fast das gesamte Vermögen übertragen lassen. Falls die Mutter zu
diesem Zeitpuntk schon geschäftsunfähig war, bestehen Rückübertragungsansprüche.
Zudem haben die Töchter damit gezeigt, dass ihnen nicht so viel an den Interessen ihrer
Mutter liegt.
Eine Tochter hatte die Vollmachtsausfertigung des Sohnes, gab sie ihm jedoch nicht.
Die Töchter verhinderten, dass der Verfahrenspfleger im Betreuungsverfahren mit ihrer
Mutter reden konnte, ohne dass sie anwesend waren.
Auch der massive Geschwisterstreit könne zur Ungeeignetheit der Töchter führen